Reisen


USA-Reise 1990


"Amish-Country & Heavy-Metal"

Wer glaubt, die USA bestehen nur aus Wolkenkratzern,
ellenlangen Straßenkreuzern, schweren Harley-Davidsons und
Fast-Food, kennt nur die eine Seite des Landes. Amerika hat aber
noch viele andere Gesichter. In Pennsylvania, am Fuß der
Blue Mountains, leben über 20.000 Amish-People. Hier scheint
die Zeit vor 200 Jahren stehen geblieben zu sein. Nur einen Steinwurf
von dieser Idylle entfernt steht in York Amerikas letztes Motorradwerk. 


Text&Fotos: Winni Scheibe




Noch nie war der Sprung über den "Großen Teich" so günstig. Ein Flugticket Frankfurt/New York und zurück kostet kaum mehr als 1000 Mark. Die Reise dauert gerade mal sechs Stunden. Ob von John F. Kennedy oder dem Newarker Airport, nach knapp einer Stunde Fahrzeit ist man mit dem Taxi oder einem Mietwagen ruckzuck in Manhattan. Wer zum ersten Mal die Weltmetropole besucht, wird kaum enttäuscht. Wie im Film präsentiert sich der Times-Square oder die Fifth Avenue. Der Blick von der "Statue of Liberty" auf die weltberühmte Skyline von Manhattan kann keine Postkarte und kein Film besser wiedergeben. New York ist schon eine Reise wert. Die Stadt steckt aber auch voller Gegensätze. In kaum einem anderen Ballungszentrum trifft Glanz und Gloria mit Not und Armut so dicht aufeinander.


 "Amish-Country"


Aber New York ist noch lange nicht Amerika. Nur vier Autostunden von hier entfernt liegt in Pennsylvania am Fuß der Blue Mountains das Amish-Country. Hier prallen wieder zwei Welten aufeinander. Inmitten der "hoch zivilisierten" US-Kultur, aber abseits von schmucken Wohnsiedlungen mit zwei Autos in der Garage und TV-Kabelanschluss, leben die "Amish-People" auf ihren Bauernhöfen. Die Zeit ist hier vor 200 Jahren stehen geblieben. 


Die Vorfahren der heutigen Amish-People sind im 17. Jahrhundert aus Mitteleuropa nach Amerika gekommen. Für Außenstehende kaum vorstellbar aber wahr, bis heute haben die strenggläubigen Amish ihre Sitten und Gebräuche erhalten. Ob Kleidung, Sprache, Familienleben oder Landarbeit.... alles ist bei ihnen wie früher. Sie lehnen Radio, TV, Elektrizität und alle weiteren modernen Errungenschaften strikt ab. Verzichten auf Autos und Traktoren und bewirtschaften ihre Felder wie eh und je ausschließlich nur mit Pferdekraft. Für Familienbesuche und Fahrten durchs Land steigen sie in ihre Buggies - schwarze Kutschen - die vom Pferd gezogen werden.


Regelmäßig treffen sich sonntags die Amish-Familien zum Kirchgang, sie leben streng nach den Geboten Gottes. Weit über 20.000 Amish leben in der Gegend vom Lancaster-County. Sie haben ihr eigenes Schulwesen, aber auch eine eigenständige Kranken- sowie Altersversorgung. Die Amish-People brauchen keine Steuern zu bezahlen und leben in der Weltmacht USA vollkommen autonom. Auch das ist Amerika!
In den letzten Jahren sind die Amish ein beliebtes Touristenziel geworden. Das ganze Jahr über kommen Tausende von Schaulustigen aus dem In- und Ausland ins Amish-Country. Der Besucherstrom beschert aber nicht nur der Region um Lancaster, sondern auch den Amish volle Kassen. Es gibt mittlerweile Besucherhöfe und Läden, in denen eigene Produkte - landwirtschaftliche Erzeugnisse und Handarbeiten - , zum Kauf feilgeboten werden. Auch die Amish haben offensichtlich die Zeichen der Zeit verstanden und erkannt.


"Harley-Davidson Werk York und Harley-Museum"


Das Lancaster-County bietet aber noch mehr interessante Sehenswürdigkeiten. Nur einige Meilen nördlich von Lancaster an der Interstate Nr. 78 in Shartlesville gibt es die weltgrößte Modelleisenbahnanlage. Gleich neben Lancaster lädt in Strasburg ein interessantes Auto- und ein Eisenbahnmuseum zum Besuch ein. Technikfreaks und natürlich die Bikerfans kommen in York auf ihre Kosten. Während normaler Werktage kann das Harley-Werk und das Harley-Museum besichtigt werden. Zu kaufen gibt es, abgesehen von einigen Souvenirs, hier allerdings nichts. Denn die Harleys und Ersatzteile werden nur über die Händler vertrieben.








"The Cycle Den"


Doch kein Grund zum Trübsal blasen. Nur 10 Meilen zurück nach Lancaster in Columbia, Lancaster Ave. 1115 bei "The Cycle Den" finden Harleyfans alles, was das Herz begehrt. Diesen Shop als "normalen Motorradladen" zu bezeichnen, wäre schlichtweg eine Untertreibung. Wie "alles" in den USA ist der Shop "einzigartig". Doch Spaß beiseite. Bei "Den" gibt es tatsächlich fast alles, was mit Harleys zu tun hat. Von neuen bis zu günstigen, gebrauchten Harleys steht ein reichliches Fahrzeugangebot im Hof. Auch das Teilelager kann sich sehen lassen. Ob originale Ersatzteile oder jede Menge gebrauchte Teile, aber auch Ausstattung für die echten Harley-Treiber, alles ist hier zu finden. Dem Besucher offenbart sich hier ein wahres Einkaufsparadies. Wer allerdings einen ausgefallenen Wunsch hat, sollte etwas Zeit mitbringen, denn in den Regalen muss man selber suchen. Das System ist schnell durchschaut. In einem Regal liegen nur Motorteile, in dem nächsten Fahrwerksbrocken und in einer weiteren Ablage nur Elektroteile. Nach Modellen oder gar Baujahren sind die Teile nicht geordnet. Dafür kann man mit etwas Glück sogar Ersatzteile für eine Harley-Davidson von 1920 finden.


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